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Digital Couture
 

›Digital Couture‹ ist eine Werkgruppe, die aus der Zusammenarbeit Hermann August Weizeneggers mit traditionell ausgebildeten Handwerkern und Programmierern unter Zuhilfenahme datenbasierter Verfahren hervorgegangen ist. Dem Designprojekt ging eine Art Grundlagenforschung voraus, die sich mit der Frage beschäftigte, ob ein Gestaltungsprinzip, das für ein bestimmtes Objekt entwickelt wurde, auch auf andere Objektentwürfe angewendet werden kann. Dabei spielten formale Aspekte, wie sie aus dem technologisch bedingten Gestaltungsprinzip hervorgehen eine ebenso entscheidende Rolle, wie die Idee der Transformation. Die Objekte sind das Ergebnis einer Entwurfsreihe, der das Prinzip der Schichtung und Drehung von Materialen zugrunde liegt. Mit der Verfahrenstechnik der Aufschichtung entwarf der Designer eine geschlossene Werkgruppe, aus der verschiedene Designobjekte hervorgingen. Eine zuerst geschaffene Designskulptur übernahm hierbei die inspirierende Funktion der Muse, aus deren Gestaltstruktur heraus sich in einer kontinuierlichen Permutation neue Formen und Objekte entwickelten. Die mithilfe von 3D-Werkzeugen konstruierten Entwürfe wurden durch zeitgenössische Technologien, wie zum Beispiel dem »rapid prototyping« oder durch die Einbindung einer traditionellen Handwerkstechnik wie dem Drechseln, hegestellt. Diese »Versöhnung« von Herstellungspraktiken eröfnet nicht nur neue Möglichkeiten der Objektgestaltung, sondern gibt nachhaltige Impulse für zukünftige Produktionsprozesse in Industrie und Handwerk. Eine Werkkonzeption wie diese öffnet ebenfalls neue Perspektiven in ökonomischer Hinsicht. Einzelne Werke aus der Kollektion zeichnen sich durch wertvolle Materialität und Handwerklichkeit aus und sind somit in limitierter Einzelanfertigung denkbar, wohingegen andere Designobjekte mit dem selben Gestaltungsschema seriell gefertigt werden können.

 

 

Stuhl ›Erosio›

Der Stuhl ›Erosio› ist ebenfalls nach einem 3D Entwurf entstanden, der seine Form aus dem Gestaltungsprinzip der Schichtung und der Rotation des Materials erhält, in diesem Falle von Layern aus Papier. Wie bei den anderen Entwürfen geht der Designer auch hierbei von den Grundlagen der Gestaltstruktur seiner Designskulptur Muse aus. 

Durch die dichte Anordnung von 900 Einzelpappen erhält der Stuhl seine massive Form. Ein im Zentrum befindliches Sinterteil ist Kern eines Stecksystems an dem vier Metallrundstäbe befestigt sind. Diese bilden die innere Konstruktion des Stuhls. Im additiven Verfahren werden die am PC berechneten Layer, die die äußere Gestalt des Stuhls formulieren, auf die Rundstäbe aufgefädelt. Die einzelnen Schichtpappen bleiben teilweise an den Stuhlbeinen unfixiert, so dass die Form des Stuhls innerhalb seiner festgelegten inneren Konstruktion leicht modifizierbar ist. 

Der ästhetische Reiz der Oberflächenstruktur des Stuhls ist bestimmt von sinnlichen Merkmalen, die durch das elektronische Herstellungsverfahren entstanden sind, in einer Weise aber manuellen Fertigungsspuren ähnlich sind. Der präzise Laserschnitt mit dem die Pappen geschnitten werden, hinterlässt an den Rändern minimale Brandspuren, Punktierungen und mit bloßem Auge kaum sichtbare feine Ausfransungen. Durch diese materialbedingten und vom Designer durchaus beabsichtigten Nahtstellen (Suture) erhält der Stuhl eine ganz eigene stoffliche Präsenz, die an natürliche Materialien wie Holz oder Sedimentgestein erinnern. In der funktionellen Morphologie findet man solche tektonischen und geologischen Schichtungen im Zusammenhang mit Erosionsdiskordanzen Der Designer spielt hier bewusst mit der markierten Zone zwischen Natur und Artefakt.

Aus der Virtualität eines mit 3D Werkzeugen entworfenen Designs entsteht ein Gebrauchsgegenstand mit hohem Objektcharakter, der mit seiner plastischen Gegenwart  auf die geologische Beschaffenheit der realen Welt Bezug nimmt, in deren Raum ein Stuhl stets seinen Ort hat.

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